Das Modulkonzept in der Informatik Berufsbildung

 

A. Was sind Module?

 

Baustein Modul

Die Informatik Berufsbildung ist modularisiert worden; sie besteht aus einzelnen Bausteinen oder Modulen. Was sind Module?

Zentraler Inhalt von Modulen sind Kompetenzbeschreibungen. Diese sind aus Funktionsbeschreibungen abgeleitet, welche die verschiedenen qualifizierten Tätigkeiten/Handlungen von Informatikerinnen und Informatikern beschreiben.

Ein Modul besteht aus folgenden Bestandteilen:

  • Modulidentifikation
  • Handlungsnotwendige Kenntnisse
  • Kompetenznachweise
  • Modulleitfaden

 


Alle Teile zusammen ergeben die sog. Modulbeschreibung.

Modulidentifikation

Die Beschreibung der Kompetenz ist der Kern jeder Modulidentifikation. Sie wird in den Handlungszielen als vollständige Handlung in Prozessschritte feiner gegliedert und zu einem Objekt in Beziehung gesetzt (im Modul 123: Computer mit Serverbetriebssystemen in einem einfachen lokalen Netzwerk). Damit soll gezeigt werden, woran bzw. in welchem Umfeld die beschriebene Handlung vollzogen wird. Das gibt Hinweise auf den Schwierigkeitsgrad der Tätigkeit.

Beispiel einer Kompetenz (aus Modul 123):

Verschiedene Serverdienste für den lokalen Netzwerkbetrieb nach Vorgaben installieren und konfigurieren. Funktionalität der Serverdienste überprüfen.

Jedes Modul trägt zur eindeutigen Identifikation eine Modulnummer (in unserem Beispiel: 123) und einen "sprechenden" Modultitel (hier: Serverdienste in Betrieb nehmen). Jedes Modul ist einem Kompetenzfeld (Modul 123: System Management) und eine Niveau (hier: 2) zugeordnet und kann so im Modulbaukasten Informatik "versorgt" werden.

Zu jedem Modul sind schliesslich die inhaltlichen Voraussetzungen festgelegt, die es braucht, um den Kompetenzerwerb im Modul erfolgreich in Angriff nehmen zu können (Modul 123: Umgang mit gesicherten Quellen, TCP/IP-Adressierung, Installation, Konfiguration und Administration von Multiusersystemen).

Last but not least: Jede Modulidentifikation enthält die Angabe zum üblichen Zeitbedarf in Anzahl Lektionen (meistens: 40 Lektionen) in der Ausbildung und den Hinweis, für welche Ausbildung das Modul Voraussetzung für die Anerkennung ist (in der Grundbildung: Eidg. Fähigkeitszeugnis Informatikerin/Informatiker; in der Weiterbildung: Eidg. Fachausweis, Eidg. Diplom).

Zusammen gefasst:

Modulnummer

Jedes Modul trägt zur numerisch eindeutigen Kennzeichnung eine Modulnummer. Aus den Modulnummern können keine Schlüsse über Zusammenhänge zwischen einzelnen Modulen abgeleitet werden.

Titel

Jedes Modul trägt einen kurzen und möglichst treffenden und ''sprechenden' Modultitel.

 

Kompetenz

Die Kompetenzbeschreibung ist der Kern jeder Modulidentifikation. Kompetenzen sind Kombinationen von (hier: auf den Beruf Informatikerin/Informatiker bezogenen) Fähigkeiten (fachlich, methodisch, sozial), die in einer bestimmten Situation zu richtigem, effizientem und vollständigem Handeln führen.

 

Handlungsziele

Die einem Modul zugeordnete Kompetenz lässt sich nach dem Prinzip der vollständigen Handlung in einzelne Handlungsziele herunter brechen. Das Prinzip der vollständigen Handlung bedeutet, dass eine berufliche Kompetenz nur dann vorhanden ist, wenn Arbeitsprozesse vollständig ausgeführt werden können. Eine vollständige Handlung umfasst folgende Teilschritte oder Handlungsziele: Informationen beschaffen, Planen, Entscheiden, Realisieren, Kontrollieren, Auswerten und Anpassen (kurz: IPERKA). Vollständiges Handeln stellt zudem sicher, dass Fach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz als zusammengehöriges Ganzes verstanden werden

 

Kompetenzfeld

Jedes Kompetenzfeld bündelt Kompetenzen. Kompetenzfelder orientieren sich an Informatik-Funktionsbereichen, wie sie in Unternehmen der schweizerischen Arbeitswelt anzutreffen sind. Kompetenzfelder sind das Ordnungskriterium im Modulbaukasten, das Übersichtlichkeit in die Gesamtdarstellung bringt und die klare Zuordnung von Kompetenzen aus Praxissicht erlaubt.

Objekt

Die Kompetenzbeschreibung wird zu einem Objekt in Beziehung gesetzt. Damit soll gezeigt werden, woran oder in welchem Umfeld die beschriebene Handlung vollzogen wird (=situative Relativierung). Das erlaubt Hinweise auf den Schwierigkeitsgrad / die Komplexität der beherrschten Qualifikation.

Niveau

Jedes Modul ist einer Niveaustufe zugeordnet. Der Modulbaukasten Informatik hat insgesamt 6 Niveaustufen. Die Stufen 1 bis 4 sind aufsteigend für die Berufslehre Informatiker/Informatikerin reserviert, Stufe 5 für den eidg. Fachausweis, Stufe 6 für das eidg. Diplom.

Voraussetzungen

Zu jedem Modul sind die inhaltlichen Voraussetzungen beschrieben, die es braucht, um den Kompetenzerwerb im Modul erfolgreich in Angriff nehmen zu können.

Anzahl Lektionen

Jedes Modul enthält die Angabe zum üblichen Zeitbedarf in der Ausbildung. Im Regelfall sind das 40 Lektionen. 

Anerkennung

In jedem Modul ist beschrieben, für welche Ausbildung/en es anerkannt ist.

 

Modulversion

Jedes Modul trägt eine Versionsnummer. Sie zeigt die Version der beschriebenen Modulidentifikation an. Module starten mit einer Versionsnummer 1.0. Bei kleineren Anpassungen wird die Nummer nach dem Punkt um 1 Stelle erhöht (Bsp. 1.1); grössere inhaltliche Anpassungen führen zu einer um 1 aufsteigenden primären Versionsnummer (Bsp: 2.0).

MBK Release

Jedes Modul bezieht sich auf einen bestimmten Release des Modulbaukastens (MBK) Informatik und kann so eindeutig zugeordnet werden.

Harmonisiert am

Module, die auf Grund der in der Ausbildung gemachten Erfahrungen bereits abgestimmt worden sind, werden als harmonisiert bezeichnet. Sie erhalten das Datum bzw. die Daten der relevanten Harmonisierungstätigkeiten.

 

Tabelle: Struktur und Inhalt der Modulidentifikation

Handlungsnotwendige Kenntnisse

Jede Kompetenz setzt voraus, über Wissen und Methoden zu verfügen. Handlungsnotwendige Kenntnisse, sie werden auch kurz als "Hanoks" bezeichnet, beschreiben diese Elemente für jedes Handlungsziel.

Beispiel (aus Modul 123):

Kennt die Vorgehensweise bei der Inbetriebnahme von Serverdiensten (installieren, konfigurieren, starten, auf Client verfügbar machen, testen) und kann erläutern, welche technischen / logischen Abhängigkeiten mit dieser Abfolge berücksichtigt werden.

Die Beschreibung der Hanoks unterstützt den Kompetenzerwerb und schafft die dafür notwendige Wissens- und Methodenbasis.

Modulnummer

Vgl. Erklärung zur Modulidentifikation

Titel

Vgl. Begriffsdefinition bei der Modulidentifikation

 

Handlungsziele und handlungsnotwendige Kenntnisse

1

1

Die numerische Zuordnung der handlungsnotwendigen Kenntnisse bezieht sich auf die Handlungsziele in der zugehörigen Modulidentifikation. Beispiel: 2 1 bedeutet, dass sich die beschriebenen handlungsnotwendigen Kenntnisse auf das Handlungsziel 2 im Modul beziehen und es sich dabei um die zuerst genannte Kenntnis handelt.

 

2

3

4

2

1

 

Tabelle: Gliederung der handlungsnotwendigen Kenntnisse

Kompetenznachweis

Kompetenzen, und das ist entscheidend, müssen nachgewiesen werden können: Man beherrscht eine bestimmte Handlung, oder man beherrscht sie nicht. Mittel dafür ist der sog. Kompetenznachweis.

Beispiel:

Im Modul 123 muss man nach Abschluss der Ausbildung in der Lage sein, nach Vorgaben einen Server zu konfigurieren und ins Netzwerk einzubinden.

Kompetenznachweise können in unterschiedlicher Form absolviert werden: Am Schluss einer Modulausbildung als Prüfung (schriftlich, mündlich) oder lernbegleitend z.B. über das korrekte Führen eines Lernjournals, das Abwickeln einer Projektarbeit etc. In der Weiterbildung werden Kompetenznachweise nach I-CH systematisch in der Form sog. Mini-Cases absolviert (mit Ausnahme der mündlich nachzuweisenden Kompetenzen), in der Grundbildung werden unterschiedliche Kompetenznachweisformen eingesetzt. Entscheidend ist: Kompetenznachweise überprüfen das Handeln, die Anwendung der erworbenen Fähigkeiten in einer bestimmten Situation, die möglichst nahe an die Praxis herankommt oder mit ihr übereinstimmt. Damit Kompetenznachweise diese Anforderungen erfüllen, werden sie von Fachleuten entwickelt und validiert.

Modulleitfaden

Verschiedene Wege führen bekanntlich nach Rom. Das gilt auch für den Erwerb von Kompetenzen. Die Wissens- und Erfahrungsbasis dafür bilden sog. Modulleitfäden. Sie entstehen allmählich aus den Beiträgen von Fachleuten, Lehrkräften und Lernenden, die zu einem Modul Erfahrungen gewonnen haben und Hinweise zum Lernweg, zu den Methoden, Tipps und Tricks, Quellenangaben etc. zugänglich machen.

Anbieteridentifikationen

Für jedes Modul gibt es genau eine Modulidentifikation. Das schränkt die Freiheit der Anbieter nicht ein, mit welchen Methoden und auf welchen Wegen sie den Inhalt eines Moduls vermitteln. Anbieter bestimmen selbständig über die sog. Anbieteridentifikationen, wie an ihrer Schule, an ihrem Bildungsplatz die Kompetenz eines Moduls erlangt werden kann. Jeder Anbieter kann sich so positionieren, dass sein Angebot optimal auf seine Lernenden abgestimmt ist.

 

B. Warum wurde die Informatik Berufsbildung modularisiert?

 

Abkehr von der Fachsystematik

Die Berufsbildung in den Berufen mit Tradition orientiert sich seit jeher am Erwerb von Kompetenzen, die Lernende im Laufe ihrer Ausbildung zu immer erfahrener werdenden Fachkräften werden lassen.

In anspruchsvollen High-Tech-Berufen droht diese Kompetenzorientierung allerdings in Vergessenheit zu geraten. Das Lernen wird häufig auf Grundlagen und den Aufbau fach- und produktorientierter Kenntnisse ausgerichtet.

Die Modularisierung der Informatik Berufsbildung ist auf diesem Hintergrund zu sehen: Es handelt sich um eine radikale Abkehr vom primär wissensorientierten, fachsystematischen Unterricht. Didaktisch gesprochen wird die Fachsystematik durch Lernsystematik ersetzt, Theorie- durch Handlungsorientierung. Das hat unter anderem den Vorteil, dass die Ausbildung vom Naheliegenden zum Grundlegenden geht und auf Neugier und Relevanz des Erlernten für die Erfüllung der Aufgaben am Arbeitsplatz aufbaut.

Stärken modularer Berufsbildung

Das Konzept der Modularisierung zeichnet sich durch weitere Stärken aus:

  • Gemeinsame Sprache
    Modulbezeichnungen und -inhalte schaffen ein gemeinsames Vokabular für alle an der Bildung Beteiligten.
  • Flexibilität
    Module lassen sich massgeschneidert zu Bildungsangeboten zusammenfügen, in der Modularisierung spricht man von sog. Bausätzen. Ein Bausatz besteht immer aus mehreren Modulen, die zusammen einen beruflichen (Teil-)Abschluss ergeben. Die Modularisierung erleichtert das Bilden von Schwerpunkten und Richtungen. Aber auch die Nachholbildung Erwachsener kann von dieser Flexibilität profitieren.
  • Synergien
    Synergien ergeben sich auf der strukturellen Ebene durch die Funktionsweise des Systems; auf der pädagogischen Ebene (Curriculum, Didaktik, Lernpsychologie) durch die Qualität und auf der organisatorischen Ebene durch die Beziehung zu anderen Bildungssystemen.
  • Erweiterte Lernarrangements und Sozialformen
    Die Berufsbildung, die sich auf Module abstützt, führt zu einer Ausweitung der Lern- und Sozialformen in der Ausbildung. Der Frontalunterricht erhält Konkurrenz durch das Lernen in Gruppen; Projektorientierte Unterrichtsmethoden gewinnen an Bedeutung. Selbstgesteuertes Lernen nimmt an Bedeutung zu.
  • Ganzheitliche Kompetenzorientierung
    Die Ausrichtung auf Kompetenzen fördert ein ganzheitliches Kompetenzverständnis, in dem neben den Fachkompetenzen Methoden- und Sozialkompetenzen auf "natürliche" Art und Weise Platz finden.
  • Schrittweise praxisorientierte Aktualisierung
    Module sind vergleichsweise kleine Bildungseinheiten. Deren Anpassung kann schrittweise von Release zu Release erfolgen. Mit einer konsequenten Versionsverwaltung gelingt es, die Module à jour zu halten.
  • Grund- und höhere Berufsbildung aus einem Guss
    In der Informatik Berufsbildung sind Grund- und Weiterbildung modularisiert worden. Damit - und das ist in der Schweiz einzigartig - besteht für den Beruf Informatik ein durchgängiges Bildungskonzept für alle Stufen vom eidg. Fähigkeitszeugnis bis zum eidg. Diplom.

C. Was sind Kompetenzfelder?

Mehrere Module werden in einem Kompetenzfeld - niveaumässig aufsteigend - zusammengefasst. Kompetenzfelder orientieren sich an Funktionsbereichen der Informationstechnologie, wie sie in Unternehmen der schweizerischen Arbeitswelt anzutreffen sind.

Zugegeben: Bei einigen Modulen könnte die Zuordnung in guten Treuen zu mehreren Kompetenzfeldern erfolgen. Die eindeutige Zuordnung ist aber aus organisatorischer Sicht von Vorteil: Jedes Kompetenzfeld verfügt über einen erfahrenen Kompetenzfeldverantwortlichen, der als Mitglied der Modulkommission für Grund- und Weiterbildung zuständig ist. Damit ist die Grundlage für eine umfassende Entwicklung und Pflege der Module gelegt.

 

D. Woraus besteht der Modulbaukasten Informatik?

Die Gesamtheit der Informatik Module aus der Grund- und Weiterbildung bildet den Modulbaukasten Informatik.

Ordnungskriterien sind die Kompetenzfelder und die Niveaustufen. Die Module der Informatik Grundbildung sind in den Niveaustufen 1 bis 4 abgebildet; Stufe 5 enthält die Module, die zum Fachausweis führen, Stufe 6 jene für das Diplom.

Abbildung: Struktur des Modulbaukastens Informatik

Weiterführende Informationen finden Sie auf der Website der Genossenschaft I-CH

Quelle: I-CH